Schlechte Web-Performance als Risiko für Europas Unternehmen in China

Mit 731 Millionen Internetnutzern (Dezember 2016) ist die Zahl der Online-Anwender in China mehr als doppelt so hoch wie die der gesamten Einwohner der USA und fast genauso groß wie die Bevölkerungszahl in ganz Europa. Das staatliche China Internet Network Information Center (CNNIC) nennt eCommerce als einen der Haupt-Treiber für die schnell wachsende Zahl der Nutzer. Aber auch als Handelspartner für Industriegüter steht China hoch im Kurs. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sowohl für Unternehmen und Organisationen im B2C- als auch im B2B-Markt eine Online-Präsenz unerlässlich für eine erfolgreiche Expansion in den chinesischen Markt ist. Allerdings sehen viele Unternehmen nicht die erwarteten Resultate. Woran liegt das?

Eine aktuelle Studie von CDNetworks untersucht die Website-Performance europäischer Marken in China. Das Ergebnis zeigt, dass die Mehrzahl der europäischen Unternehmen und Organisationen das enorme Geschäftspotenzial im chinesischen Markt nicht nutzen kann, da die Onlineauftritte schlicht und ergreifend zu langsam sind.

Schnelles Ende des Geduldfadens

Das Fazit der Untersuchung ist ernüchternd: 85% der Websites enttäuschen chinesische Nutzer durch viel zu lange Ladezeiten. Die durchschnittliche Ladezeit von chinesischen Websites europäischer Marken ist mit 33,1 Sekunden siebenmal länger als die von den Internetnutzern erwartete Zeit von rund fünf Sekunden. Spätestens nach 24 Sekunden verlassen die meisten chinesischen Nutzer eine Website, die nicht lädt. Fast ein Drittel der Befragten wechselt bei zu langen Ladezeiten sofort zu einer Alternative. Aber auch diejenigen, die die gleiche Website noch einmal aufrufen, geben nach wenigen Versuchen auf, wenn sich die Website-Leistung nicht verbessert hat.

Chinesische Websites Europäischer Anbieter aus:

Durchschnittliche Ladezeit der Websites in China

(in Sekunden)

Prozent der Websites, die langsamer laden als von den Nutzern durchschnittl. erwartet Prozent der Websites, die langsamer laden als die Nutzer durchschnittl. bereit sind zu warten
Alle 33,10 88% 46%
Deutschland 17,23 78% 26%
Italien 34,32 90% 57%
UK 32,12 96% 64%
Frankreich 34,30 96% 59%
Schweden 33,17 97% 66%
Dänemark 33,10 96% 58%

 

Negative Konsequenzen

Für europäische Firmen bedeutet dies eine verpasste Chance, denn obwohl europäische Marken grundsätzlich eine große Anziehungskraft auf chinesische Nutzer ausüben, kann sich die mangelhafte Aufrufbarkeit der Websites negativ auf den Ruf der Unternehmen auswirken – und damit auch auf deren Umsatz. Die meisten Anwender (85%) assoziieren schlechte Websiteleistungen sogar mit weiteren negativen Attributen hinsichtlich des Unternehmens.  57% der Nutzer vermuten eine minderwertige Web-Sicherheit. 19% halten solche Seiten für nicht vertrauenswürdig oder nicht zuverlässig (15%). Je 17% der Anwender bezweifeln zudem, dass das Unternehmen lange bestehen wird oder an chinesischen Nutzern interessiert ist.

Was tun?

Die Ladezeiten, auch Latenz genannt, beruhen u.a. auf der großen Entfernung, die Daten vom Ursprung bis zum Benutzer zurücklegen müssen. Die Übertragung von Inhalten aus Europa nach China benötigt daher ohnehin eine gewisse Zeit. Die automatischen Prüfungen durch die sogenannte „Great Firewall“ verzögern den Prozess zusätzlich. Viele Unternehmen versuchen das Problem zu lösen, indem sie ein Rechenzentrum in Hong Kong für das Hosting ihrer Website nutzen. Das Problem hierbei ist jedoch, dass die Metropole als Sonderveraltungszone außerhalb der „Great Firewall“, also des staatlichen Systems zur Internetzensur, liegt. Natürlich können Firmen den Hosting-Standort auch direkt nach China verlegen, allerdings müssten sie dann idealerweise Hosting-Standorte in allen Metropolen bzw. in der Nähe aller ihrer Zielkunden haben – das ist sehr aufwändig und kostspielig. Hier ist ein Hosting-, Cloud Service- oder Content Delivery Network-Anbieter, der bereits über die notwendige Infrastruktur verfügt und eine gute Performance in China gewährleisten kann, eine gute Alternative.Wichtig bei der Auswahl ist, darauf zu achten, dass der Anbieter über eine physische Präsenz in China verfügt, einschließlich Personal und Netzwerkknoten sowie Beziehungen mit allen wichtigen Netzwerken Chinas. Er sollte zudem fundierte Kenntnisse des chinesischen Marktes besitzen und die notwendige Unterstützung bieten, um die chinesischen Richtlinien zu erfüllen und die benötigten Lizenzen von der richtigen Behörde zu erhalten. Darüber hinaus sollte er in der Lage sein, die Beschleunigung von dynamischen und statischen Inhalten zu unterstützen und Lösungen zum Schutz vor Sicherheitsbrüchen sowie DDoS-Angriffen anbieten.

Ausblick

Als nächste Herausforderung trifft alle Unternehmen und Organisationen, die Web-Inhalte mit personenbezogenen Informationen in China ausliefern, eine Gesetzesänderung, die am 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Dies betrifft beispielsweise Bestell- oder Rechnungsdaten, den Datenaustausch über Web-Applikation und vieles mehr. Diese Daten dürfen China nicht mehr verlassen und müssen vor Ort weiterverarbeitet werden. Das bedeutet für Unternehmen ohne eigene entsprechend ausgestattete Infrastruktur in China, dass sie nun gezwungen sind, sich einen Partner mit Servern bzw. Knotenpunkten in China zu suchen, der zudem alle notwendigen neuen Lizenzen besitzt. Auf der anderen Seite müssen ganze Systeme zur Datenverarbeitung nach China gespiegelt werden – und dies, ohne die Datensicherheit zu gefährden.

Eckdaten zur Befragung

Untersucht wurden die Ladezeiten von 1.780 Websites in China von Unternehmen aus folgenden Ländern: Deutschland (746), Italien (126), Großbritannien (195), Frankreich (325), Schweden (77) und Dänemark (311). 484 chinesische Internetnutzer wurden über ihre Ansichten und Einstellungen gegenüber chinesischen und europäischen Websites befragt.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier.

 

Zur Person

CDNetwork_Alex Nam_b300Alex Nam ist Managing Director EMEA bei CDNetworks. Er begann seine Karriere als Analyst bei Accenture. Danach war es als Führungskraft mit einem Fokus auf dem Ausbau des internationalen Geschäfts für verschiedene Unternehmen tätig. Der ausgebildete Betriebswirt schloss sein Studium an der Korea University mit einem BA in Business Administration ab. CDNetworks ist ein globales Content Delivery Network (CDN) mit vollständig integrierter Cloud-Security-Lösung. Das Unternehmen bietet Lösungen für Web-Performance und Sicherheit für Websites und Anwendungen über ein strategisch aufgebautes Netzwerk von weltweit verteilten Präsenzpunkten. CDNetworks hat Niederlassungen in China, Deutschland, Japan, Singapur, Südkorea, den USA und UK.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch