Rückblick eines deutschen China-Managers: Vier Lektionen für den Unternehmenserfolg in China

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Interview mit Dr. Georg Holzinger, Vice President Global Application- & Product Owner, KraussMaffei Group

Dr. Georg P. Holzinger ist seit über 20 Jahren international in der Maschinenbauindustrie tätig. Als Präsident der Müller Weingarten AG und später als Präsident des Segments IMM der Krauss Maffei Group, hat er an den chinesischen Geschäftsstandorten erfolgreich neue Werke aufgebaut, erweitert und auf Wachstumskurs gebracht. Im Interview mit Herr Xiaolong Hu im Podcast „ChinaHotPod“ erzählt Herr Dr. Holzinger über seine eindrucksvollsten Erfahrungen in China und hat viele praktische Ratschläge für unsere Leser parat, was ein erfolgreiches Geschäft mit China ausmacht. Bei den chinesischen Kunden und Kollegen wird Dr. Holzinger als Technologieexperte und Kulturbotschafter sehr geschätzt. Eine seiner Leidenschaften ist es auch, berufliche Erfahrungen weiterzugeben. Neben seinen Aufgaben bei der Krauss-Maffei Group fließen sein Wissen und seine Erfahrung in die Tätigkeit als Hochschuldozent ein.

Aus einem Jahr wurden acht Jahre in China

„Die Dinge umzusetzen und anzugehen, passiert in China anders als in Europa.“ Die chinesische Art, mit Herausforderungen umzugehen, die Geschwindigkeit im Geschäftsleben sowie der Mut, unternehmerische Risiken einzugehen, haben Georg Holzinger nachhaltig beeindruckt. Er wurde 2011 vom CEO der KraussMaffei Group darum gebeten, eine ins Stocken geratene Werkserweiterung in China zu Ende zu bringen. Dies beruht auf der Erfahrung, dass Dr. Holzinger bereits in den Jahren 2006-2007 für die Müller Weingarten AG in Dalian erfolgreich ein neues Montagewerk aufgebaut hat.

Im Jahr 2012 nahm er diesen Auftrag an, um das Werk anschließend in lokale Verantwortung zu übergeben. Aus den geplanten eineinhalb Jahren in China wurden jedoch acht Jahre: Nach Fertigstellung des Werkes baute er dort ein komplettes Engineering- Zentrum für die Spritzgießtechnik in Form einer Entwicklungs- und einer Auftragskonstruktionsabteilung auf, für das inzwischen ein Team von über 90 Mitarbeitern im Einsatz ist. In China habe er gelernt, noch besser zuzuhören, sich noch mehr mit dem Team und den Menschen auseinanderzusetzen, sich auf Augenhöhe zu begegnen, vertrauensvoll miteinander umzugehen und Respekt voreinander zu haben.

Erfolgsfaktoren des Wachstumskurses in China

Als nächstes Projekt für die KraussMaffei Group brachte Georg Holzinger den chinesischen Geschäftsstandort weiter auf Wachstumskurs. „Das war, neben der Krise 2008, die eindrucksvollste und lehrreichste Erfahrung, die ich in meiner beruflichen Karriere machen durfte: Einen Turnaround von 30 auf fast 100 Millionen Euro Auftragseingang.“

Zur Hauptstrategie für diese Umsatzsteigerung, innerhalb von zweieinhalb Jahren, gehörten die gezielte globale Marktbearbeitung, die Auf- und Vorbereitung der Supply Chain sowie Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter.  „Allerdings, “ merkt Dr. Holzinger an, „kam wie so oft im Leben, neben einem hoch motivierten Team, auch ein bisschen Glück dazu. Der Boom, der 2016 Zeit eintrat, und der aus Europa nicht mehr bedient werden konnte beflügelte das Vorhaben geradezu.“

„Es hat ein Jahr lang an allen Ecken geknirscht und gequietscht. Es war ein Troubleshooting von morgens bis abends“

Der Erfolg beruhte stets auf vollem Einsatz und schnellem, lösungsorientiertem Handeln. Besonders in der Anlaufphase des Turnarounds habe es ein Jahr lang „an allen Ecken geknirscht und gequietscht“, da die Supply Chain bei der Verdopplung der Maschinenzahl in so kurzer Zeit zusammengebrochen war und die internen Prozesse nicht funktionierten. Für Georg Holzinger war diese Phase ein „Troubleshooting von morgens bis abends“. Aber Wachstumsmanagement bedeute eben immer auch, sich intensiv mit dem Lösen von Herausforderungen zu befassen. Dazu setzt Dr. Holzinger auf ein lokales Team und lokale Vertrauenspersonen für den Umgang mit den Lieferanten und Kunden vor Ort. Man dürfe als Europäer die kulturellen Unterschiede nicht unterschätzen und müsse Gestik und Mimik erst lesen lernen.

„Es war immer mein Credo, lokale Vertrauenspersonen und Führungskräfte an meiner Seite zu haben, und denen auch die Verantwortung zu übertragen“.

Empfehlungen für deutsche KMU in China: Was sind wichtige Unternehmenskompetenzen?

Da der Verantwortungsbereich von Georg Holzinger in seinem Umfang teilweise mit einem typischen mittelständischen Unternehmen vergleichbar war, beinhaltet seine Expertise wertvolle Ansätze für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) aus Deutschland. Seiner Erfahrung nach führen bestimmte Unternehmenskompetenzen zu einem erfolgreichen Fußfassen in China oder vergleichbaren Wachstumsregionen. Das Verhaltensmuster lässt sich global duplizieren:

„Man muss sich darüber klar werden: Welche Märkte will ich bedienen? Wir bei der KraussMaffei Group unterscheiden zwischen Premium- und MidTech-Märkten. Dazu kommt die Richtungsentscheidung: Will ich meinen Bestandskunden nach China folgen, um näher dran zu sein, kürzere Lieferzeiten, leicht reduzierte Kosten und die gleiche Zeitzone zu haben, dann kann ich dort mit Premium-Produkten bedienen. Will ich aber Richtung Wachstumsstrategie gehen, Neukunden akquirieren und in MidTech-Märkte einsteigen, dann muss ich mir vom Produktportfolio her ganz andere Gedanken machen.“

Um ein Werk oder eine Fertigungsstätte in China aufzubauen, müssen genau diejenigen Mitarbeiter entsandt werden, deren Fehlen am Heimatstandort am meisten wehtut. Man braucht Experten vor Ort, die bereit sind, ihr Wissen weiterzugeben und sich mit einer anderen Kultur auseinanderzusetzen.“ Georg Holzinger betont auch, ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg sei, von Anfang an einen lokalen Kollegen an der Seite zu haben, diesem das Vertrauen auszusprechen und die Aussicht auf eine leitende Rolle in der Zukunft zu geben, wenn er sich entsprechend qualifiziert. Die Zeiten, Angst vor Wissensdiebstahl und Kopien haben zu müssen, sind seiner Einschätzung nach vorbei.

Um ein Werk oder eine Fertigungsstätte in China aufzubauen, müssen genau diejenigen Mitarbeiter entsandt werden, deren Fehlen am Heimatstandort am meisten wehtut.

Die interkulturelle Kompetenz eines Unternehmens sei maßgeblich für den Erfolg in China. Bei der Auswahl der passenden Mitarbeiter sollte man genau auf das Spektrum dieser Fähigkeiten schauen. Gut geeignet seien Generalisten, die die DNA des Unternehmens mitbrächten: „Ein Stück Unternehmenskultur ist es ja auch, was ich in das andere Land verlagern will. Diese Kultur, das Image und den Qualitätsanspruch kauft der Kunde mit.“

Bedeutung des China Geschäfts für die Krauss-Maffei Group

Am Standort Deutschland finde allmählich ein Umdenken statt, und die Geschwindigkeit, die er in China erlebe, komme immer mehr auch hier an. „Wir profitieren von einem ausgewogenen Plus an Risikobereitschaft.“ China sei der Wachstumsmarkt und wird es vorläufig auch noch bleiben. Um hier partizipieren zu können, brauche man das richtige Portfolio. „Wer großes Wachstum zu seinem strategischen Ziel bestimmt, muss global aufgestellt und vertreten sein. Das heißt, parallel zum Premium-Produkt die Portfolioerweiterung hin zum MidTech-Produkt. Die Märkte zu verstehen, die Anforderungen der Kunden in Erfahrung zu bringen und kundengerechte Systemlösungen anzubieten ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Kundenzufriedenheit muss an oberster Stelle stehen. Wenn einen der Kunde als Businesspartner und Lösungsanbieter empfindet und nicht nur als Lieferant, dann geht das einher mit Unternehmenserfolg – eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“

„Die Geschwindigkeit aus China kommt hier immer mehr an: Wir profitieren an unseren Standorten in Deutschland, von einem ausgewogenen Plus an Risikobereitschaft.“

Kriterien für Ihren China-Erfolg: Empfehlungen im Kurzüberblick

  • Märkte und Kundenanforderungen zu verstehen und in das Produktportfolio zu übertragen, ist die Basis für eine zielgerichtete Wachstumsstrategie.
  • Die Auswahl der richtigen Mitarbeiter, für den Transfer von Wissen und Unternehmenskultur, stellt entscheidende Weichen.
  • Die interkulturelle Kompetenz eines Unternehmens ist ein maßgeblicher Erfolgsfaktor.
  • Die lokale Anbindung und Vernetzung des Unternehmens in China sind unverzichtbare Grundlagen.

Das vollständige Interview (Podcast Nr. 005) ist unter https://china-hotpod.podigee.io/5-kraussmaffei_dr_georg_holzinger zu finden.

Der Gastgeber: Xiaolong Hu

Xiaolong Hu ist seit mehr als 17 Jahren als Unternehmensberater in Deutschland, der EU und China tätig. Dabei hat er fundierte Branchenkenntnisse in der Automobil-, Maschinenbau-, Haushaltsgeräte-, Luftfahrt und Elektronikindustrie erworben. Er verantwortete u.a. den Aufbau, den Ausbau und die Leitung von chinesischen Niederlassungen für drei deutsche Unternehmensberatungen, und hat einen Erfahrungsschatz in interkulturellen Geschäftsbeziehungen, Führungssituationen und in der Zusammenarbeit in deutsch-chinesischen Projekten gesammelt. Xiaolong Hu ist auch bei LinkedIn zu finden.

Website: https://www.china-team.de

 

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch